Helmpflicht fürs Fahrrad – gesetzliche Vorschriften in Deutschland und weltweit

Ein Helm schützt auf dem Fahrrad vor gefährlichen Kopfverletzungen und kann im Ernstfall zum Lebensretter werden. Trotzdem gibt es in Deutschland keine gesetzliche Helmpflicht für Radfahrer. Die Regierung appelliert hier an die Vernunft eines jeden Bürgers und riskiert damit viele verschiedene Meinungen. Welche Argumente zum Thema Helmpflicht existieren und wie andere Länder damit umgehen, zeigen wir dir im folgenden Ratgeber genauer.

  • In Deutschland gibt es keine vorgeschriebene Helmpflicht auf dem Fahrrad, weder für Erwachsene noch Kinder. Dabei schützt der Helm bei einem Unfall vor schweren Kopfverletzungen und sichert oftmals das Überleben der Betroffenen.
  • Das Tragen eines Fahrradhelms obliegt dem eigenen Ermessen und bringt bei Nichtgebrauch weder ein Bußgeld noch eine Verwarnung mit sich. Die Sicherheit auf dem Fahrrad ist jedem Bürger selbst überlassen.
  • Manche Länder haben die Helmpflicht bereits eingeführt und weitere gesetzliche Regelungen für Radfahrer getroffen. In Deutschland ist auch die Versicherung zu berücksichtigen, wenn vorsätzlich auf einen Helm verzichtet wurde.

Gibt es in Deutschland eine Helmpflicht fürs Fahrrad?

Diese Frage lässt sich eindeutig und schnell beantworten: Nein. In der Straßenverkehrsordnung und im Gesetz ist keine solche Pflicht verankert. Somit benötigst du auch kein Bußgeld zahlen oder mit einer Verwarnung rechnen, wenn du ohne Helm im öffentlichen Verkehr auf dem Rad unterwegs bist. Das gilt für Erwachsene ebenso wie für Kinder. Das Tragen eines Fahrradhelms geschieht auf eigenen Wunsch. Eltern übernehmen hier die Verantwortung für ihre Kinder. Es gibt jedoch Einzelvorschriften für Veranstaltungen oder bestimmte Berufsgruppen. Bei Radsportrennen oder ähnlichen Ereignissen wird die Helmpflicht von den Veranstaltern selbst vorgeschrieben. Wer hier teilnehmen will, muss sich dieser Pflicht beugen – zur eigenen Sicherheit. Selbst bei der Polizei und bei einigen anderen Berufen müssen die Mitarbeiter zum Helm greifen, laut Dienstvorschrift. Das betrifft aber die nicht die Fahrt zur Arbeit, sondern nur dienstliche Fahrten mit dem Fahrrad.

Die Vorteile einer Helmpflicht – Verletzungsrisiko senken

Es gibt geteilte Meinungen beim Thema Helmpflicht, sowohl von Radfahrern als auch von Experten. Viele Untersuchungen sprechen eindeutig für das Tragen eines Helmes, andere zeigen plausible Gegenargumente. Aktuell ist es jedem Radfahrer selbst überlassen, ob er mit einem Helm unterwegs ist oder nicht. Wir haben uns die verschiedenen Vor- und Nachteile genauer angeschaut und stellen dir alle wichtigen Thesen in den folgenden Abschnitten näher vor.

Vorteile der Helmpflicht
  • Risiko der Kopfverletzung gemindert
  • mehr Sicherheit im Straßenverkehr
  • weniger Hirnverletzungen

Jeder Fahrradhelm senkt das Risiko einer Kopfverletzung nach einem Unfall. Vor allem Mediziner und Unfallchirurgen gehören zu den Befürwortern der Pflicht. Experten sind überzeugt, dass ein Großteil schwerer Hirnverletzungen nach einem Radunfall durch einen Helm vermieden werden kann. Es würde generell zu weniger Kopfverletzungen kommen, wie einige Untersuchungen in Australien oder den USA zeigen. Hier herrscht nämlich eine gesetzliche Helmpflicht. Gleichzeitig lässt sich der Rückgang der Verletzungen aber auch mit der verringerten Anzahl an Fahrradfahrern erklären, seit der Einführung dieser Pflicht. Genau an diesem Punkt werden die Contra-Meinungen interessant.

Gegenargumente: Helmpflicht senkt Fahrradnutzung

Die gesetzliche Helmpflicht würde natürlich auch einige negative Nebenwirkungen mit sich bringen. So entscheiden sich deutlich weniger Menschen für das Radfahren, was die Anzahl der Autofahrer wieder in die Höhe schnellen lässt. Die sinkende Fahrradnutzung wäre in den Städten zu spüren und verändert die Fahrradkultur eines Landes. Außerdem wirkt sich dieses Verhalten negativ auf die Umweltbilanz aus. Experten sehen mit einer sinkenden Fahrradnutzung auch gleichzeitig eine höhere Gefahr für die übrigen Radfahrer im Straßenverkehr. Je häufiger Menschen auf dem Rad statt im Auto unterwegs sind, desto mehr gewöhnen sich die anderen Teilnehmer daran und nehmen Rücksicht. Tauchen Radfahrer gerade im Stadtgeschehen nur noch vereinzelt auf, so werden sie schneller übersehen und die Unfallrate könnte wieder nach oben gehen. Zudem ist der Helm kein Sicherheitsgarant auf dem Rad. Er muss hauptsächlich korrekt getragen werden und sollte zur Kopfform passen. Falsch sitzende oder ungeeignete Helme stellen ebenso eine Gefahr dar. Wer sich aktiv für einen Fahrradhelm entscheidet, wird sich ein passendes Modell suchen und von selbst auf einen korrekten Sitz achten. Ein Verstoß gegen die gesetzliche Helmpflicht müsste Strafen und Bußgelder mit sich ziehen, die sich nur schwer umsetzen lassen, primär bei Kindern. Schließlich ist eine solche Vorschrift nur sinnvoll, wenn sie auch eingehalten und überwacht wird. Statt einer strengen Kontrolle, sollten die Behörden lieber auf eine gute Aufklärungsarbeit setzen. Gleichzeitig könnte die Infrastruktur für Radfahrer verbessert werden, mit eigenen Radwegen und übersichtlichen Regelungen.

Zahlen und Fakten: nur 28 Prozent tragen immer einen Fahrradhelm

Vor allem jüngere Menschen verzichten aus ästhetischen Gründen auf einen Fahrradhelm. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Bundesministeriums für Verkehrs und digitale Infrastruktur hervor. Nur 8 Prozent der Radfahrer im Alter zwischen 17 und 30 sind mit einem Helm unterwegs. Das ist die geringe Quote bei allen Altersgruppen. Viele von ihnen besitzen gar keinen Helm, tragen ihn nur sporadisch oder gar nicht. Dabei ist den Betroffenen das Risiko eines schweren Unfalls mit Kopfverletzung bewusst und dennoch entscheiden sie sich gehen den Schutz. Erwachsene fürchten sich laut der Umfrage am häufigsten vor einem Zusammenstoß mit einem Lkw, Pkw oder einem Motorrad. Gleichzeitig gibt über die Hälfte der Befragten an, selbst in einen Fahrradunfall verwickelt gewesen zu sein. Folgende Altersgruppen tragen einen Helm:

Altersgruppe Quote der Helmträger
6 – 10 Jährige 82 %
11 – 16 Jährige 38 %
17 – 30 Jährige 8 %
31 – 40 Jährige 15 %
41 – 60 Jährige 20 %
Ab 61 Jahren 23 %

Verschiedene Kampagnen auf Facebook und in sozialen Netzwerken, wie „Runter vom Gas“ oder auch #HelmeRettenLeben sollen die Akzeptanz von Fahrradhelmen stärken und die Menschen im Straßenverkehr sensibilisieren.

[icon icon='globe']Helmpflicht in anderen Ländern – in Europa kaum durchgesetzt

Sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern gehen die Meinungen zur Helmpflicht extrem auseinander. Es gibt keine einheitlichen Regelungen in Europa oder auch in Übersee. Vorreiter der eingeführten Helmpflicht für alle Altersgruppen sind eindeutig Finnland, Spanien und Malte. In unseren Nachbarländern Österreich und Tschechien gibt es zumindest für Kinder und Jugendliche eine Helmpflicht. Das sollte auch bei einer Reise ins Ausland berücksichtigt werden, wenn eine Radtour auf dem Plan steht. Folgende Übersicht hilft vielleicht, die Regelungen etwas besser zu verstehen:

Land Regelungen/Helmpflicht
Österreich Kinder unter 12 Jahren müssen einen Helm tragen
Tschechei Pflicht für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren
Schweden Pflicht für Kinder unter 15 Jahren
Estland Helmpflicht für Kinder unter 16 Jahren
Island Verpflichtend für Kinder unter 15 Jahren
Spanien Pflicht für alle, die außerhalb geschlossener Ortschaften fahren. Ausnahmen bei langen Steigungen und extremen Temperaturen
Slowakei Gilt für Kinder unter 15 Jahren außerhalb geschlossener Ortschaften
Japan Für Kinder unter 13 Jahren bindend
Israel Pflicht für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren
Australien Es herrscht eine generelle Helmpflicht
Litauen Pflicht für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren
Malta Generelle gesetzliche Helmpflicht
Finnland Gesetzliche Pflicht für alle Radfahrer
USA Je nach Bundesstaat für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren

Eine generelle gesetzliche Helmpflicht fürs Fahrrad gibt es in folgenden Ländern:

  • Südafrika
  • Finnland
  • Malta
  • Australien
  • Chile
  • Albanien
  • Neuseeland

Ferner gibt es noch andere Regelungen, die mit dem Fahrrad einhergehen. Es gibt etwa in Frankreich, Italien, Ungarn, Spanien oder der Slowakei auch die Vorschrift, eine Warnweste auf dem Fahrrad zu tragen. In der Schweiz, Dänemark und den Niederlanden drohen Bußgelder, wenn die Radwege nicht richtig genutzt werden. Außerdem müssen die Räder verkehrssicher sein und in Estland beispielsweise immer mit Reflektoren ausgestattet sein. Weitere Regelungen betreffen Kinderanhänger, Kindersitze oder den Transport von Gegenständen auf dem Fahrrad.

Helmpflicht für E-Bikes, Pedelecs und andere Fahrzeuge

Für viele Fahrzeuge ist im Straßenverkehr eine Helmpflicht gesetzlich verankert. Beifahrer von Krafträdern in einem offenen Kraftfahrzeug mit drei ober mehr Rädern müssen immer einen Helm tragen, wenn keine Sicherheitsgurte vorhanden sind. Im Jahr 1978 wurde die Sturzhelmpflicht für Mopedfahrer festgelegt. Das Gleiche gilt natürlich für Motorradfahrer und Quads. Meist richtet sich die Vorgabe nach der Geschwindigkeit des Fahrzeugs, das im öffentlichen Straßenverkehr betrieben wird. Einen großen Streitpunkt gibt es immer wieder bei Pedelecs oder E-Bikes. Viele Nutzer sind sich hier unsicher, ob sie einen Helm tragen müssen und wann eine Pflicht besteht. Während das Pedelec beispielsweise als Fahrrad gilt, muss auf manchen E-Bikes wiederum ein Helm getragen werden. Die Leistung und die maximale Geschwindigkeit des Zweirades spielen eine wichtige Rolle:

Fahrzeug Helmpflicht
Pedelec Nein
S-Pedelec Ja
E-Bike bis 20 km/h Nein
E-Bike bis 25 km/h Ja
E-Bike bis 45 km/h Ja

Mitschuld und Versicherung – ohne Helm auf eigene Gefahr

Fahrradfahrer ohne Helm verstoßen nicht gegen das Gesetz. Allerdings gibt es am Oberlandesgericht (OLG) Schleswig-Holstein ein Fall aus dem Jahr 2013, bei dem ein Radfahrer Mitschuld hätte bekommen können. Das Urteil wurde 2014 jedoch durch den Bundesgerichtshof wieder aufgehoben. Dennoch ist es möglich, eine Mithaftung zu übernehmen oder Probleme mit der Versicherung zu bekommen. Wer in einen Unfall verwickelt wurde, könnte weniger Schadensersatzleistungen bekommen. Schließlich hätte das Tragen eines Helmes vor mehr Verletzungen geschützt. Allerdings bekommen Radfahrer nur ein Mitverschulden an der Verletzung, wenn eine besonders risikobehaftete Fahrweise nachgewiesen werden kann. Sämtliche Fälle dieser Art gelten zum Verkehrsrecht.

Gefordert: Helmpflicht für Kinder und Jugendliche

Wenn es schon keine gesetzliche Vorschrift für Erwachsene gibt, fordern viele Experten zumindest eine Fahrradhelmpflicht für Kinder und Jugendliche bis zu einem bestimmten Alter. Viele europäische Länder machen diese Regelung vor. In Deutschland gibt es bisher noch keine allgemeine Pflicht. Dementsprechend werden auch keine Bußgelder verhängt, wenn Kinder ohne einen Kopfschutz im Straßenverkehr unterwegs sind. Dabei können gerade die Kleinsten kaum die Gefahren richtig einschätzen. Gleichzeitig ist die Gefahr von ernsthaften Verletzungen wesentlich höher. Befürworter sind sich einig, dass sich die Verpflichtung in dieser Altersgruppe deutlich schneller durchsetzen lässt.

Hinweis
Eltern sollten ihre Kinder schon rechtzeitig an das Tragen eines Helmes gewöhnen und ihn zur Routine werden lassen. Oftmals sucht sich der Nachwuchs das Design sogar selbst aus und akzeptiert den Helm von selbst.

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